Quo vadis Solarförderung? Eine Bestandsaufnahme aus Sicht des BDSH

In dieser Woche endet die parlamentarische Sommerpause des Deutschen Bundestages, u.a. mit den Haushaltsberatungen für den Bundeshaushalt 2025. Und es verspricht, auch für das Solarhandwerk ein politisch heißer Herbst zu werden. Denn über den Sommer hin wurde munter öffentlich diskutiert, gerade auch in Bezug auf die Zukunft der Solarförderung, weitere gesetzgeberische Maßnahmen und die aktuelle Marktentwicklung. Im Kern geht es darum, den Strom- und Energiemarkt zu flexibilisieren, aber auch die fixierten Vergütungssätze wurden zur Disposition gestellt: Die Spannbreite der Diskussion umfasste hierbei deren Abschaffung bei negativen Strompreisen bis hin zu einem umfassenden Stopp der Förderungen. Damit wird ein über 20 Jahre lang geltendes Recht in Frage gestellt, auf dem der Ausbau der Solarenergie konsequent aufgebaut wurde.

Alles in Allem herrscht derzeit am Markt Unklarheit, Verunsicherung und auch Frust: Denn zwar werden öffentlichkeitswirksame Debatten geführt, in konkrete Regelung umgesetzt wurde allerdings noch nichts. Sie treffen die Solarwirtschaft allerdings in einer Zeit, in der – gerade im Segment der Kleinanlagen – ein signifikanter Nachfragerückgang zu verzeichnen ist.

Was sind die wesentlichen Eckpunkte der Diskussion aus Sicht des Solarhandwerks?

  1. Marktsituation: Die Anfragen im Privatkundenbereich sind innerhalb eines Jahres um die Hälfte zurückgegangen und treffen auf stärkeren Wettbewerb. Viele Solarhanderker befinden sich im Überlebenskampf. Vor diesem Hintergrund haben wir die Sommerpause genutzt, um mit einigen Parlamentarierinnen und Parlamentariern aus Bundes- und Landtagen über die aktuellen Entwicklungen am Markt zu sprechen, wesentlicher Erkenntnisgewinn hierbei: Die Wahrnehmung der Abgeordneten liegt auf der insgesamt positiven PV-Zubauleistungen. Dass diese in erster Linie über Frei- bzw. Großanlagen erfolgen und dass die Marktsituation des Solarhandwerks (bei Betrieben, die vorrangig private PV-Anlagen installieren) kritisch ist, ist weitestgehend nicht bekannt. Hier konnte eine wichtige Sensibilisierung vorgenommen werden, vor allem auch bei den Energiepolitikern der Regierungsfraktionen im Bund.
  2. Wachstumspaket/Wachstumsinitiative der Bundesregierung:  Dazu hatte der BDSH sich hier bereits geäußert, gerade auch im Hinblick auf eine geplante Flexibilisierung des Energie- und Strommarktes. Umgesetzt wurde in dieser Richtung allerdings noch nichts, wenngleich es nach wie vor im Raum steht. Bemängelt wird, dass von den 49 im Paket enthaltenen Punkte bislang lediglich 5 umgesetzt wurden, die energiepolitischen Themen wurden bislang nicht angetastet.
  3. Diskussion um einen vorzeitigen Stopp der Solarförderung: Hier preschte Finanzminister Lindner mit einer Forderung vor, schnellstmöglich die Solarförderung zu beenden. Wesentliche Motivation hierfür dürften Haushaltseinsparungen sein: 2022 wurden PV-Anlagen mit 9,6 Mrd. Euro an Fördergeldern bezuschusst. Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck reagierte prompt und bezog den Standpunkt (nicht zuletzt auch bei einem Termin, an dem der BDSH teilnahm), dass sich an den bisherigen Regelungen nichts ändere, solange er Minister sei. Was hängenbleibt: Die Solarbranche reagierte verunsichert bis entsetzt. Die Bundesregierung zeigt einmal mehr, dass sie hier keine einheitliche Linie verfolgt. Allerdings: Tatsächlich ist die reine EEG-Förderung heute häufig nicht auskömmlich, um Projekte zu realisieren. Marktmodelle beinhalten in 95% der Fälle Eigenverbrauchsmodelle oder PPAs. Die EEG-Förderung ist aber besonders für (teilweise) fremdfinanzierte Projekte relevant, da sie einen garantierten positiven Cashflow für 20 Jahre bietet. Fällt diese Absicherung weg, wird aus dem sicheren Invest ein Hochrisikogeschäft.
  4. Gesetzesinitiativen des BMWK: Derzeit liegen zwei sogenannte „Referentenentwürfe“ aus dem Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium (BMWK) vor, die sich mit Änderungen des Energiewirtschaftsrechts (EnWG) sowie des Marktdatenstammregisters befassen. Für das Solarhandwerk werden hier sehr begrüßenswerte und vor allem praxisrelevante Änderungen zum Bürokratieabbau, zur Vereinfachung der Netzanschlüsse sowie zur Beschleunigung des Netzausbaus vorgenommen. Diese Referentenentwürfe dürften noch im Jahr 2024 gesetzgeberische Wirkung entfalten, d.h. in Kraft treten. Der BDSH wird sich im Rahmen der Verbändeanhörung äußern und hier im Newsroom dazu berichten.
  5. „Strommarktdesign der Zukunft“: Einen größeren Bogen schlägt das BMWK mit dieser Diskussionsgrundlage auf Basis von vier diskutierten Optionen, in der es im Kern um einen Paradigmenwechsel innerhalb des Strommarktes geht: Weg von starren Nachfrage-Regelungen bei der Stromerzeugung, hin zu mehr Flexibilität und Variabilität. Gesprochen wird hier von einer Modernisierung des Strommarktes, der mit der enormen Steigerung der Stromerzeugung über Erneuerbare Energien einher geht. Für das Solarhandwerk und zukünftige Nutzer von PV-Anlagen kann hier eine große Chance liegen, wenn es gelingt, Anreize dafür zu schaffen, dass in „Ballungszeiten“ erzeugter Strom über smarte Speichersysteme variabel eingespeist werden kann. Parallel muss an Möglichkeiten gefeilt werden, damit Energiegemeinschaften an Bedeutung gewinnen können, um in diesem Bereich bei Nutzern größtmögliche Synergie zu bewirken.

Ausblick und Positionen des BDSH:

  • Die diskutierte Flexibilisierung des Energiemarktes und gesetzte Einführung variabler Stromtarife schaffen einen gänzlich neuen Rahmen für die Solarwirtschaft und einen „Paradigmenwechsel“ (BMWK). Mit entsprechenden Konsequenzen für das Solarhandwerk: Dadurch, dass mehr und mehr Energiemanagementsysteme ebenso ins Portfolio unserer Mitgliedsbetriebe gehören, wie smarte Speichersysteme, sind viele unserer Mitglieder im Prinzip auf diesen Wechsel vorbereitet.

  • Flächendeckend nicht vorbereitet sind allerdings die Rahmenbedingungen seitens der Netzauslegung bzw. der Netzbetreiber. D.h. in der Konsequenz: Wer sich für eine Flexibilisierung einsetzt, muss mindestens vorher die Grundlagen dafür schaffen, dass die Netz-Infrastruktur entsprechend ausgelegt ist.

  • Der Weg hin zur Flexibilisierung wird allerdings von einer Kakophonie unterschiedlicher Positionen innerhalb der Ampel-Regierung begleitet. Das Solarhandwerk nimmt die unterschiedlichen Positionen mit steigender Frustration zur Kenntnis. Denn durch direkten Kundenkontakt, den politischen Meinungsstreit und sich zum Teil ewig hinziehende Entscheidungsprozesse (siehe Solarpaket) steigt auf allen Seiten Verunsicherung.

  • Mit der Abschaffung der Einspeisevergütung (siehe oben) würden die politischen Akteure der Energiewende einen Bärendienst erweisen. Denn wir erwarten, dass Photovoltaikanlagen dadurch eher kleiner gebaut werden, um möglichst wenig Überschuss ins Netz einzuspeisen. Dach- und auch Speicherpotentiale würden so nicht ausgenutzt. Potentiale, die für die Wärme- und Mobilitätswende dringend benötigt werden.

  • Die Förderung von Energiegemeinschaften muss stärker in den politischen Mittelpunkt gerückt werden: Mit einer Abkehr von festen Vergütungssätzen müssen diese Quartierslösungen der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung als der Dezentralisierung dienliche und attraktive Möglichkeit etabliert werden, um Energie mit „Nachbarn“ oder mit denen zu teilen, die keine Solaranlage installieren können, aber Strom aus erneuerbaren Energien beziehen wollen. Hier schafft der oben erwähnte Referentenentwurf zur Novellierung des EnWG des BMWK Klarheit – allerdings lohnt sich der Blick nach Österreich, in die Schweiz und nach Luxemburg, wo Energiegemeinschaften noch klarer ausgeprägt sind.

  • Es ist erkennbar, dass die oben genannten Vorhaben der Bundesregierung sowie die Äußerungen auf Ministerebene in sich nicht stimmig und kohärent sind – weder vom zeitlichen Ablauf, noch vom Inhalt her. Es fehlt an einer stimmigen und einordnenden Koordination und Kommunikation.

  • Gerade im Kernsegment vieler unserer Mitglieder – dem Aufdachbereich von Privathaushalten – ist seit Monaten ein massiver Nachfragerückgang eingetreten. Dieser wird nun durch die unterschiedlichen Diskussionsansätze und – parallel – durch ein Meinungsgerangel zwischen Ministern auf bundespolitischer Ebene „garniert“ – ein unhaltbarer Zustand.

  • Für das Solarhandwerk ergeben sich über die oben genannten Punkte hinaus folgende Fragestellungen, die der BDSH in politische Diskussionen einbringen wird:

    • Wie steht es um die angekündigte Vereinheitlichung der TABs und einem einheitlichen Portal?
    • Viele Solarprojekte scheitern am hohen Zinssatz. Hier sollten Anreize z.B. seitens der KfW in Form von attraktiveren Zinssätzen diskutiert werden.
    • Mittlerweile existieren Förderungen bis auf die kommunale Ebene mit den unterschiedlichsten Förderanträgen. Hier wäre es sinnvoll, diese Angebote auf einem Portal zusammenzuführen, um mehr Transparenz und Übersichtlichkeit zu schaffen.

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