Mit den nach der Sommerpause stattfindenden Haushaltsberatungen wird der Deutsche Bundestag auch die im Rahmen des sogenannten „Wachstumspaketes“ formulierten Vorschläge der Koalitionsspitze debattieren. Hier geht es im Kern auch um eine Flexibilisierung des Strommarktes, die bereits ab dem 01.01.2025 in Kraft treten soll. Für den BDSH wird damit ein Systemwechsel eingeläutet, der u.a. eine Abkehr von festen Einspeisevergütungen bei negativen Strompreisen enthält. Die Position des Solarhandwerks erläutert BDSH-Geschäftsführer Torben L. Brodersen:
Wie bewertet der BDSH grundsätzlich die Maßnahmen zur Solarförderung in der Wachstumsinitiative und sind sie aus Sicht des BDSH dazu geeignet, „den Erfolgskurs beim Ausbau der erneuerbaren Energien” (Robert Habeck) zu verstetigen? Das erprobte Instrument fester Einspeisevergütungen soll ja weitestgehend wegfallen.
Die Entscheidungen sollten im Lichte der aktuellen Entwicklungen innerhalb unserer Kernzielgruppe, d.h. vor allem bei Installateuren kleinerer PV-Anlagen, betrachtet werden. Hier ist eine Konsolidierung eingetreten, da der massive Rückgang an Nachfrage auf eine stark gestiegene Anzahl an Betrieben trifft. Unsere Mitglieder, die Solarhandwerker vor Ort, positionieren sich hier mit klaren Qualitätsversprechen – die Lage ist aber generell sehr herausfordernd. Das bedeutet für die Interpretation der politischen Pläne, dass diese am Markt für Verunsicherung sorgen. Und jegliche Verunsicherung sollte vermieden werden, wenn der Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter vorangebracht werden soll. Eine angemessene und klare Kommunikation des Gesetzgebers ist in jedem Fall immens wichtig.
Wie sieht der BDSH die geplante Umstellung vom Instrument fester Einspeisevergütungen auf Investitionskostenförderung? Welches Signal geht davon aus Sicht des BDSH an Privatkunden und Unternehmen aus?
Die Abkehr von festen Einspeisevergütungen ist ein gravierender Einschnitt im Bereich der Förderungen von EE – was bedeutet, dass wir in eine neue Phase der Förderung von Erneuerbaren eintreten. Wie und in welcher Form sich Investitionskostenförderungen als geeignetes Substitut erweisen, sollte vorher in den vorgesehenen Reallobaren erprobt werden. Das heißt vor allem, dass Kalkulationen und Rentabilitätsprognosen für eine PV-Anlage komplett neu gedacht und vom Kunden verstanden werden. Wir befürchten, dass Privat- und Gewerbekunden hier mit einer (Kauf)-Zurückhaltung reagieren und erst einmal abwarten, bis sich die praktischen Konsequenzen dieses Wechsels abzeichnen. Gleiches gilt für Banken, wenn diese in eine Finanzierung eingebunden sind.
Wie positioniert sich der BDSH in Bezug auf die ab 2025 für Neuanlagen geplante Aussetzung der Förderung bei negativen Börsenpreisen?
Dieser Systemwechsel soll Flexibilität am Strommarkt Vorschub leisten. Im Sinne des oben beschriebenen Einschnitts heißt das aber auch, dass der Markt, die Netzbetreiber und Nutzer nicht nur vorbereitet sein müssen, sondern sie müssen zwingend aufeinander abgestimmt sein. Die Prozesse müssen harmonisiert werden. Hier haben wir nur das Problem, dass der Smart Meter Roll out in Deutschland versäumt wurde. Daher ist zurzeit praktisch nicht umsetzbar, was technisch möglich wäre. Die Aussetzung der Förderung sehen wir sehr kritisch. Sie trägt weiter zur oben angesprochenen Verunsicherung bei.
Wie bewerten der BDSH die ab 2025 geplante Pflicht zur Selbst-/Direktvermarktung auch für Anlagen unter 100 Kilowatt Leistung. Innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren soll die Schwelle bis auf 25 Kilowatt fallen?
Auch hier müssen zunächst die erforderlichen Rahmenbedingungen in Form von funktionierenden Prozessen (im bilateralen Verhältnis zwischen Direktvermarktern und Netzbetreibern) geschaffen werden – vor allem das Potential intelligenter Speichersysteme sollte hierbei stärker ausgeschöpft werden. Das heißt konkret, dass Erzeuger auch in der Lage sein müssen, flexibel einzuspeisen – und nicht nur abzunehmen. Gerade an diesem Punkt sollte über neue Anreize nachgedacht werden, ansonsten bleibt es für Nutzer eine „Einbahnstraße“. In Bezug auf die sogenannte „Massentauglichkeit“ müssen Netze, müssen Netzbetreiber auch von den Kapazitäten her in der Lage sein, diese Anpassungen umzusetzen. Hiervon sind wir derzeit noch weit entfernt.