Die Bundesregierung plant für Anfang 2027 einen grundlegenden Systemwechsel in der Photovoltaik-Förderung: Die fixe Einspeisevergütung für neue Anlagen soll Geschichte sein, stattdessen kommen Differenzverträge und marktorientierte Mechanismen. Für das Solarhandwerk bedeutet das mehr Beratungsaufwand, für Eigenheimbesitzer mehr Komplexität.
Der Bundesverband des Solarhandwerks begrüßt die Fortsetzung der Förderung erneuerbarer Energien – doch die Details der Reform werfen erhebliche Fragen auf.
Zeitplan steht, Details fehlen noch
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) hat den Fahrplan für die erneuerbaren Energien konkretisiert: Anfang 2026 soll die Novelle ins Bundeskabinett, Anfang 2027 in Kraft treten. Christian Schmidt, Abteilungsleiter Strom im BMWE, betonte auf der Fachkonferenz Energie & Klima des Tagesspiegels: „Die Preissignale sollen möglichst unverzerrt bei den Erneuerbaren ankommen.“
Was zunächst technokratisch klingt, hat weitreichende Konsequenzen: Die fixe Einspeisevergütung, die bisher 20 Jahre Planungssicherheit bot, wird für neue Anlagen ab 2027 nicht mehr gelten. An ihre Stelle treten Differenzverträge (Contracts for Difference, CfDs) und langfristige Stromabnahmeverträge (Power Purchase Agreements, PPAs).

Bereits im September 2025 bezog der bdsh klar Stellung.
Das neue Fördersystem im Detail
Aktuell erhalten Betreiber 7,86 Cent pro Kilowattstunde bei Teileinspeisung – garantiert für 20 Jahre. Diese Regelung kostete die Bundesregierung 2024 allein 18 Milliarden Euro. Das neue System funktioniert zweigeteilt: In wind- und sonnenreichen Zeiten wird die Förderung unabhängig von der produzierten Strommenge gezahlt (potenzialbasierte Förderung). Zusätzlich greift ein Abschöpfungsmechanismus: Bei hohen Börsenpreisen müssen Betreiber Mehreinnahmen zurückzahlen, bei niedrigen gleicht der Staat aus.
Ein Beispiel: Bei einem Referenzpreis von 10 Cent zahlt der Staat bei 6 Cent Börsenpreis 4 Cent dazu. Bei 16 Cent Börsenpreis zahlt der Betreiber 6 Cent zurück. Dies soll Strompreisschwankungen abfedern und Anreize für Speicherlösungen schaffen.
Bestandsschutz bis Ende 2026
Bestehende Anlagen genießen Bestandsschutz – wer bis Ende 2026 installiert, profitiert weiterhin von der festen Einspeisevergütung für 20 Jahre. Dies kann einen Auftragsschub im kommenden Jahr bedeuten. In einem Markt der in den letzten 2 Jahren derbe Rückschläge einstecken musste.
Herausforderungen für das Solarhandwerk
Die Reform stellt unsere Mitgliedsbetriebe vor neue Herausforderungen:
| Herausforderung | Ausgangslage | Lösung |
| Komplexere Wirtschaftlichkeitsanalyse | Künftig müssen schwankende Börsenpreise, Rückzahlungsmechanismen und unterschiedliche Vergütungsmodelle einkalkuliert werden. | Das erfordert aktualisierte Software und geschulte Berater. |
| Fokus auf Eigenverbrauch | Es wird noch wichtiger, Solarstrom selbst zu nutzen oder zu speichern. Speicher, Energiemanagementsysteme und intelligente Steuerungen werden zum Standard. | Unternehmen müssen ihr Portfolio erweitern, um am Markt zu bestehen |
| Direktvermarktung für kleine Anlagen | Das BMWE prüft, auch kleine Neuanlagen zur Direktvermarktung zu verpflichten. Das bedeutet für Kunden zusätzliche Vertragspartner (Aggregatoren, Vermarktungsplattformen). | Schulungen zur Beratung für Endkunden; Kooperationen mit spezialisierten Dienstleistern notwendig. |
Der Bundesverband des Solarhandwerks steht an der Seite seiner Mitgliedsbetriebe und sich dafür ein, dass seine Mitgliedsbetriebe stets auf dem Laufenden sind. Mehr über die Arbeit des bdsh erfahren Sie hier.
Private Dach-PV: Förderung muss praxistauglich werden
Die Wirtschaftlichkeit privater PV-Anlagen wird heute durch den Eigenverbrauch bestimmt, nicht durch die Einspeisevergütung. Die Rahmenbedingungen sind günstig: Solarmodule sind deutlich günstiger geworden, Strompreise bleiben hoch. Jede selbst verbrauchte Kilowattstunde ersetzt teuren Netzstrom. Bei heutigen Strompreisen amortisiert sich eine gut geplante Anlage mit hohem Eigenverbrauchsanteil in zehn bis zwölf Jahren bei einer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren.
Das Problem: Mit dem Ende der fixen Einspeisevergütung entfällt die Planungssicherheit für eingespeisten Strom. Die geplanten Differenzverträge und Direktvermarktungspflichten mögen energiewirtschaftlich sinnvoll sein, doch sie sind noch nicht markttauglich. Aggregatoren, Vermarktungsplattformen, zusätzliche Vertragspartner – das überfordert Privatpersonen, die nur ihren Solarstrom nutzen wollen. Für das Solarhandwerk ist es essenziell, dass die Bundesregierung einfache, standardisierte und digital gestützte Lösungen schafft.
Der Speicherausbau des letzten Jahres zeigt, dass die Branche sich weiterentwickelt. Im PV Sektor ist die Situation eine andere. Mehr zur aktuellen Marktentwicklung bei PV Anlagen finden Sie in unserem Blog.
Kritikpunkte und Forderungen
Wir begrüßen grundsätzlich, dass die Bundesregierung am 80-Prozent-Ziel bis 2030 festhält. Auch die Idee, Förderung markt- und systemdienlicher auszurichten, ist nachvollziehbar. Dennoch sehen wir erhebliche Fragezeichen:
- Fehlende Details und Planungssicherheit: Wie werden die Differenzverträge ausgestaltet? Welche Referenzpreise gelten? Wie komplex wird die Administration? Konkrete Vorschläge sollen erst Anfang 2026 vorliegen – fast ein Jahr Unsicherheit. Das Solarhandwerk braucht aber Vorlaufzeit für Beratungskonzepte, Softwarelösungen und Schulungen.
- Smart-Meter-Rollout beschleunigen: Viele geplante Mechanismen setzen funktionierende intelligente Messsysteme voraus. Der Smart-Meter-Rollout ist jedoch schleppend. Ohne flächendeckende Infrastruktur bleiben Flexibilitätspotenziale Theorie. Es braucht klare Sanktionen für Netzbetreiber, die ihrer Rollout-Pflicht nicht nachkommen.
- Bürokratieabbau statt Komplexitätsfalle: Je komplexer das Fördersystem, desto höher die Transaktionskosten. Wenn Differenzverträge, Direktvermarktung und Abrechnungsmechanismen nicht praxistauglich umgesetzt werden, droht eine Bremswirkung bei kleinen Dach-PV-Anlagen – wo enormes Ausbaupotenzial liegt. Gerade für Privatpersonen muss die Investition attraktiv und verständlich bleiben.
- Netzausbau vorantreiben: Parallel zur EEG-Reform hat die Bundesregierung im November 2025 mit der EnWG-Novelle wichtige Weichen gestellt (Außenbereichsprivilegierung für Batteriespeicher ab 1 MWh, erste Energy-Sharing-Regelungen). Doch der Netzausbau bleibt ein Engpass. Das BMWE kündigt für 2026 ein „weitreichendes Netzanschlusspaket“ an – Details fehlen.
- Qualitätssicherung und faire Regelungen: Mit steigendem Beratungsaufwand wird die Kompetenz der Fachbetriebe noch wichtiger. Nur qualifizierte Betriebe sollten diese komplexen Systeme planen und installieren. Zudem ist die Idee, Förderung bei negativen Börsenstrompreisen zu streichen, nachvollziehbar – solche Stunden dürfen aber nicht zur Kostenfalle werden. Es braucht faire Übergangsregelungen und Anreize für Speicherlösungen.
Fazit: Systemwechsel mit Chancen
Die EEG-Novelle 2026 markiert eine Zäsur in der deutschen Photovoltaik-Förderung. Der Wechsel zu marktorientierten Differenzverträgen soll die Energiewende systemdienlicher machen und Kosten dämpfen. Für das Solarhandwerk bedeutet das neue Chancen – etwa durch wachsende Nachfrage nach Speichern und Energiemanagementsystemen –, aber auch neue Herausforderungen.
Entscheidend ist, dass die Bundesregierung die Reform praxistauglich ausgestaltet. Komplexität, Bürokratie und fehlende Infrastruktur dürfen den Ausbau nicht ausbremsen. Das Solarhandwerk steht bereit, die Energiewende mit qualifizierten Fachbetrieben voranzutreiben – wir brauchen dafür verlässliche Rahmenbedingungen, funktionierende digitale Infrastruktur und politischen Willen zur unbürokratischen Umsetzung.
Für Eigenheimbesitzer gilt: Wer noch 2026 investiert, sichert sich die Planungssicherheit der fixen Einspeisevergütung. Wer später einsteigt, sollte auf qualifizierte Beratung setzen, die Eigenverbrauch und Speicherlösungen in den Mittelpunkt stellt. Unsere bdsh-Mitgliedsbetriebe bieten diese Expertise bundesweit
Die Photovoltaik bleibt attraktiv – aber sie wird anspruchsvoller. Das ist eine Chance für das qualifizierte Solarhandwerk, seine Expertise unter Beweis zu stellen.



